Donnerstag, 22. November 2018

Die andere Seite des Berges - Replik auf "Bergsteigen lernen"



In „Bergsteigen lernen“ haben wir von der Autorin eine Seite der „leiseren“ Formen von Abstinenzverstößen zu lesen bekommen. So einleuchtend ich das finde und so richtig das auch ist, schien es mir beim Lesen spontan wichtig, diese Seite der leisen Abstinenzverstöße um noch eine andere, mir ebenso wichtig erscheinende Seite zu ergänzen! 
Denn die Argumentation der Autorin spielt aus meiner Sicht möglicherweise zu sehr in die Hände derer, die längere Behandlungen pauschal für unnötig oder gar schädlich erachten. Von den Krankenkassen mal ganz abgesehen. 
Ich möchte daher das Thema des narzisstischen Missbrauchs auch noch aus einem anderen Blickwinkel betrachten und ergänzen: 

Freitag, 19. Oktober 2018

Bergsteigen lernen


"Von sich abseh´n lernen ist nötig, um viel zu sehn –
diese Härte tut jedem Berge-Steigenden Not" *


Das sogenannte Abstinenzgebot verlangt vom Psychotherapeuten, dass er sich während seiner Arbeit weder offen noch „undercover“ eigene Bedürfnisse erfüllt; nun werden die meisten in anderen Metiers arbeitenden Menschen an dieser Stelle anmerken, die Therapeuten sollten nicht soviel Wind darum machen, denn es sei wenig wahrscheinlich, dass ein Postbediensteter hinterm Schalter oder ein chirurgischer Chefarzt, der seit fünfeinhalb Stunden übermüdet in einer alkoholkranken Leber herumwurschtelt, sich arbeitend persönliche Bedürfnisse erfüllten. Aber so einfach ist die Lage nicht.

Mittwoch, 17. Oktober 2018

Aktuelle Überlegungen zur Abstinenz


Liebe Leserin, lieber Leser!
Abstinenz zu betrachten ist nicht einem bestimmten Themen- oder Personenkreis vorbehalten - weder dem Blickwinkel der katholischen Kirche, den gängigen Therapiekonzepten der Alkoholsucht, noch der Berufsgruppe der Psychotherapeuten. Im Grunde meint der Begriff der Abstinenz die Frage, ob und wie es gelingen kann, den Wunsch nach der Befriedigung eigener Bedürfnisse bei der Interaktion mit stofflichen oder nichtstofflichen Versuchungen zu erkennen und zum eigenen und/oder fremden Wohle herauszuhalten. Auch zwischenmenschliche Kontakte können Versuchungen sein – zu  Machtgier, Geldgier, Gier nach Anerkennung, nach Gebrauchtwerden, zur Suche von existentiellem Sinn oder von Sexualität.
Aus – nicht nur, aber auch – aktuellem Anlass haben wir, die Redaktion, beschlossen, bei der Publikation von Posts uns des Themas ‚Abstinenz in der Psychotherapie‘ zukünftig immer wieder einmal anzunehmen. Wir hoffen, damit einen Beitrag zu leisten, die Sensibilität hierfür wachzuhalten und unsere Leser, vor allem aber auch potentielle Schreiber zu ermutigen, sich Gedanken zur Abstinenz zu machen. Ihre Beiträge und Kommentare sind willkommen!
Wenn wir im Folgenden mit einem Post beginnen, der vorwiegend die nichtsexuellen Formen therapeutischer Abstinenz in den Blick nimmt, so wollen wir damit weder aktuell diskutierte sexuelle Formen der Grenzverletzung relativieren noch gar von ihnen ablenken. Wir wollen stattdessen einen möglichst breiten Raum eröffnen, in dem Abstinenz erkannt, betrachtet, diskutiert und … im therapeutischen Tun verwirklicht werden kann.

 „Hips Gedankengut“ - Die Redaktion

Montag, 1. Oktober 2018

Für mehr Bescheidenheit in der Psycho-Community




Wenn man Jahr für Jahr in Supervisionen, Intervisionen, Kasuistiken, Fokus-Runden, Teambesprechungen, Theorie-Seminaren und Fortbildungen sitzt, lernt man sehr viel Neues, sehr viel Interessantes, Bewusstseinserweiterndes, Aufrüttelndes, Spannendes und…man hört Kollegen reden.
Über Patienten. Über die Störung von Patienten. Und was sie mit dem „Therapeut machen“. Was sie nicht können, was sie vermeiden, was sie zerstören. Dann liest man Sätze in Arztbriefen wie „für seine strukturellen Fähigkeiten, kann er xy erstaunlich gut“, hört Kollegen entrüstet formulieren „da ist der Patient ja total oral-gierig. Der will ja immer nur nehmen“, „da bleibt er ja total in einer passiven Opferhaltung“, „da ist ja jede Mühe den Abfluss runtergespült“, „den kann man ja in seiner Männlichkeit nicht ernst nehmen“.
Natürlich versteht man, wo diese Affekte herkommen. Tag für Tag hockt man in 50-Minuten- Sessions Menschen gegenüber, die Dinge zerstören, Situationen vermeiden und der Therapeut hält aus, versteht, tut sein Bestes, um einzuordnen und verdaut zu markieren, zu verändern, zu helfen. 
Sauanstrengend. Und dann hat man Gott sei Dank die Supervisionen, die Intervisionen…
Aber manchmal bekomme ich dann doch das Gefühl, dass viele Therapeuten vergessen haben, dass sie auch nur ein Mensch sind. Dass sie auch nach 600 Stunden Lehranalyse in Vorträgen deutlich ihr narzisstisches Geltungsbedürfnis ausdrücken, leicht kränkbar sind, zu wenig emotionale Kontakte haben, weil sie sich nicht binden können, oder abends um 21 Uhr immer noch auf Station rumlungern, weil ihnen ihre zwanghafte Seite befiehlt, trotz 60 Überstunden den letzten Arztbrief auch noch rauszuschicken. Die in Pausen rauchen gehen oder so wenig essen und untergewichtig sind, dass sie von den magersüchtigen Patienten gefragt werden, „warum sollte ich zunehmen, wenn Sie doch so dünn sind wie ich“?
Ein bisschen mehr Bescheidenheit.


Elfrun Faude
HIP-Ausbildungsteilnehmerin Jhg. 2014

Donnerstag, 30. August 2018

Fragen fragen III


Eine neue Patientin betritt Ihr Behandlungszimmer und Sie meinen ein gemurmeltes "Oh mein Gott!" und einen mitleidigen Blick auf Ihre Inneneinrichtung wahrzunehmen. Was würden Sie damit tun?

Montag, 2. Juli 2018

Vom Verschwinden der Dinge


213 cm hoch  gewordener  Himbeerstrauch, 
noch  immer  auf  ein  Himbeerstrauchgestell  wartend



An dieser Stelle sollte eigentlich der Juli-Text stehen. Leider ist er verschwunden. Korrekter: Gar nicht erst entstanden. Eigentlich müsste es also „Vom gar nicht erst Entstehen der Dinge“ heißen. Klingt nur nicht so gut. Aber machen wir so weiter. Warum entstehen die Dinge gar nicht erst? Verrückt, könnte man meinen, es gibt doch so viele Dinge. Ja, das stimmt. Nur: Vielleicht sind die Dinge mehr geworden, aber die Zeit dieselbe geblieben, und nun passen sie gar nicht mehr alle hinein in die Zeit – so als würde man Unmengen neuer Socken kaufen, aber die Sockenschublade ist eh schon knapp bemessen…
Das  betrifft auch Psychotherapeuten. Fertige wie solche in Ausbildung.

Dienstag, 15. Mai 2018

Warum es sich lohnt, als Tiefenpsychologe ein Gedicht zu lesen


"Explosion-of-Emotion"
Digitalgrafik: mit freundlicher Genehmigung von
Frau Dr. Jutta Lindemann, Erfurt
www.lindaspixelwelten.de




Es gibt dich
Hilde Domin

Dein Ort ist
wo Augen dich ansehen.
Wo sich Augen treffen
entstehst du.

Von einem Ruf gehalten,
immer die gleiche Stimme,
es scheint nur eine zu geben
mit der alle rufen.

Du fielest,
aber du fällst nicht.
Augen fangen dich auf.

Es gibt dich
weil Augen dich wollen,
dich ansehen und sagen
daß es dich gibt.


Warum schreibe ich auf einem tiefenpsychologischen Blog über Gedichte? Weil ich finde, sie verdienen mehr Beachtung. Sie zeigen so viel aus dem Seelenleben eines Menschen! Wenn der Traum der „Königsweg zum Unbewussten“ sein soll,

Freitag, 2. März 2018

Fragen fragen II


Eine Patientin, die bisher zwar zurückhaltend, aber gesprächsbereit war, kommt neuerdings in die Sitzungen und schweigt. Minutenlang. Gefühlt stundenlang. Die Sitzungen scheinen sich stets ins Unermessliche zu ziehen. Was würden Sie tun?




Donnerstag, 25. Januar 2018

Fragen fragen I



Ein Patient umgeht es seit Wochen, ein vereinbartes Ausfallhonorar zu zahlen. Jedes Mal, wenn er darauf angesprochen wird, weicht er aus. Sie fragen ihn schließlich noch einmal direkt, und er sagt, er sehe das gar nicht ein, er fände das ungerecht. Wie gehen Sie damit um?